Seelensturm

by Diana


Part 1

„Es ist gut, den Menschen zu vertrauen.“ –

„Ja, das ist es. – Trotzdem würde ich die Kamera kaufen.“

Einen Moment lang verspürte Lynette den flüchtigen Drang, zu Grinsen. Doch das Gefühl war zu kurz gewesen, als das sie es hätte greifen können – denn da war etwas in Bree’s Tonfall, das sie innehalten ließ. Eine Intuition, die sie vielmehr spürte, als das sie hätte sagen können, es wäre wirklich da gewesen, fühlte den Hauch von Bitterkeit, der in der Stimme ihrer Freundin mitschwang.

Sie hob leicht den Kopf, noch immer nicht wissend, wie sie reagieren sollte und kämpfte gegen ihre Lippen an, die dem Drang zu Grinsen nun fast nachgeben wollten. Ihr Blick wanderte aus den Augenwinkeln zu Bree, deren Hände nun kaum merklich zitterten.

Eine Geste, die zu der stets lächelnden Bree nicht so recht passen wollte.

Lynette wusste, dass es ein schwerer Schlag für sie gewesen war, als Rex Probleme ansprach, die ihrer kleinen perfekten Welt Risse zufügten und deren Fundamente erschütterten.

Er wollte die Scheidung.

Nein, er hatte sie bereits eingereicht.

Trotz allem fühlte Lynette sich unbehaglich, als sie für einen Moment Bree’s bisher so aufrecht erhaltene Fassade bröckeln sah und fühlte, dass sich dahinter keinesfalls die gewohnte Kühle und das stetige Lächeln befanden.

Im Gegenteil.

Es schien, als hätte Bree Probleme, die sie sich selbst nicht eingestehen wollte – und die sie erst recht nicht anzusprechen traute.

„Bree, geht es dir gut?“

Der bisher von ihren eigenen Sorgen geprägte Tonfall war vollends verschwunden, um der Besorgnis um ihre Freundin zu weichen.

„Sollte denn etwas nicht in Ordnung sein?“

Sie sah, wie Bree den Kopf hob – und stocke bei dem Anblick kaum merklich.

Obwohl ihre Miene gefasst wie immer wirkte, war das nervöse – das nahezu ängstlich wirkende – Flackern in ihren Augen nicht zu übersehen. Auch aus ihrer Stimme konnte die Unsicherheit nicht restlos verbannt werden, auch wenn Lynette sicher war, dass Bree es doch zumindest versucht hatte.

Sie zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, denn etwas in ihr hatte tatsächlich die Angst, von Bree abgewiesen zu werden. Trotz allem rang sie sich dazu durch, sich zu erheben und jegliche Seite bei Seite zu schieben, als sie neben ihre Freundin hinter das Bügeleisen trat und ihr in einer tröstlichen Geste die Arme um die Schultern legte.

Sie hatte geglaubt, Bree würde nun von ihr weichen, ihr bestätigend, es sei alles in Ordnung. Um so mehr überraschte es Lynette jedoch, dass sie nicht einmal den Hauch von Widerstreben spürte, als Bree sich in ihre Richtung neigte und wortlos die Arme um ihren Hals schlang, sich an sie klammernd, als wäre sie die letzte Rettung auf einem sinkenden Schiff.

Schweigend erwiderte Lynette die Umarmung, während Bree’s weiches Haar in ihrem Nacken kitzelte – und ihr, zu ihrem eigenen Erstaunen, eine Gänsehaut verursachte.

Es schien, als wäre jegliche Wärme aus Bree’s Körper gewichen, so kalt fühlten sich ihre Hände an, die Lynette nun in die ihre nahm und sie wärmend umschloss.

Ehe sie auch nur zu einem tröstenden Wort ansetzen konnte, vernahm sie ein kaum hörbares Schluchzen und sah noch die Tränen in Bree’s Augen, die sich binnen Sekunden zu einem regelrechten Sturzbach wandelten, als diese ihren Kopf auf Lynette’s Schultern legte und ihr Gesicht verbarg.

Überwältigt – und auch verunsichert – von diesem so unerwarteten Gefühlsausbruch, fühlte sie sich nicht dazu imstande, auch nur ein Wort über ihre Lippen zu bringen und zog Bree stattdessen schweigend zur Couch, um sich dort zusammen hinzusetzen.

„Lynette… Ich weiß nicht, wie ich das alles noch schaffen soll. Ich weiß nicht, wie ich mein Lächeln bewahren kann, jetzt, wo mir durch meine Gefühle alles noch erschwer wird.“

Die Worte purzelten aus Bree’s Mund, zittrig, unsicher und von den Tränen erstickt, während Lynette in einem Akt der Verzweiflung versuchte, deren Bedeutung aufzugreifen. Vergebens.

„Ich… ich weiß nicht, ob ich dich tatsächlich verstehe, Schätzchen.“, sagte sie leise und sanft, strich Bree dabei beruhigend über das Haar und wollte sie nicht loslassen.

Die Sekunden verstrichen und ihre Worte hingen unbeantwortet in der Luft, als Lynette meinte, einen kleinen, schmerzhaften Stich tief in ihrer Brust zu spüren.

Bree meinte natürlich Rex – Rex, den sie aus reiner Liebe geheiratet hatte, Rex, mit dem sie zwei wundervolle Kinder besaß und Rex, der nun drauf und dran war, seine Frau zu verlassen, scheinbar ohne hieb- und stichfeste Gründe. Natürlich musste ihr Herz an all dem Kummer entzweibrechen.

Doch was Lynette im Moment fühlte, das wollte sich nicht erklären lassen und es passte erst recht nicht in ihre Welt hinein.

Es war Eifersucht.

Doch auf was hätte Lynette eifersüchtig sein können?

Sie selbst hatte Tom, den wohl liebevollsten und ehrgeizigsten Ehemann, den eine Frau sich wünschen konnte. Wenn auch zu verbissen darin, Karriere zu machen und immer danach strebend, seine Frau mit seinem Können zu übertrumpfen, so war er doch immer für sie da gewesen, als sie ihn gebraucht hatte.

Und selbst heute war es noch so.

Seit ein paar Wochen, da keimte jedoch noch etwas anderes in ihr. Es war kein Gefühl von Unzufriedenheit, was in jeglicher Hinsicht nicht angebracht gewesen wäre. Nein, es war etwas anderes.

Etwas, das immer genau dann da war, wenn sie sich in jemandes Nähe befand, der ihr näher stand, so schien es zumindest, als es der Fall sein sollte.

Bree van de Kamp.

Ihre beste Freundin.

Seit je her hatte immer alles zwischen ihnen gestimmt, auch wenn Lynette meist die jenige war, die Bree von ihren Sorgen erzählte – niemals umgekehrt. Denn Bree’s Welt war trotz aller Gemeinsamkeiten, die sie besaßen, anders als ihre.

Perfekter, sorgloser, schöner. Immer von einem Lächeln begleitet.

Diese Welt war nun zusammen gebrochen, genau in jenem Moment, da Lynette anwesend war. Das Vertrauen, das Bree ihr nun entgegen brachte – nämlich die Stärke, auch vor einem anderen Menschen Schwäche zu zeigen und somit zu signalisieren, dass keinesfalls immer alles in Ordnung war -, löste etwas Seltsames in Lynette aus.

Für einen Moment hatte Lynette das Gefühl, sie könnte ihren Gedanken greifen und ihm Gestalt verleihen, doch er war augenblicklich verschwunden und eine beängstigende Leere blieb zurück, die sie letztlich aus dem Meer ihrer Innwelten zog, dorthin, wo sie sich gerade befand.

In die Wisteria Lane. Bree’s Haus.

Das Sofa, auf dem sie gerade saßen und sich eine nicht enden wollende Zeit in den Armen hielten. Erst jetzt bemerkte Lynette, dass die Tränen ihrer Freundin versiegt waren. Ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig, sodass sie im ersten Moment fast glaubte, Bree wäre eingeschlafen.

Doch das war nicht der Fall.

Als sie von der Seite einen Blick auf Bree warf, bemerkte Lynette, dass ihre langen, geschwungenen Wimpern noch immer von der salzigen Flüssigkeit benetzt und diese klaren Augen geöffnet waren.

Geöffnet, um Lynette anzusehen.

Die Spur von Überraschung, die sie streife, spiegelte sich nicht in ihrem Gesicht wider, doch sie spürte, dass sich trotz allem etwas verändert hatte.

Nicht nur die Luft zwischen ihnen, sondern auch die des ganzen Zimmers schien elektrisch geladen zu sein und weder sie noch Bree wagten es, eine falsche Bewegung zu tun oder gar ein Wort über die Lippen zu bringen.

Bree hob nun langsam den Kopf, ihr langes Haar, das ihr bis zu den Schultern fiel, kitzelte Lynette’s Nacken noch immer, doch es erfüllte sie auch mit einem seltsam warmen, wohligen Gefühl.

Ein kaum merkliches Lächeln huschte über Bree’s schmale Lippen, als sie ihre noch immer zittrige Hand hob und Lynette vorsichtig eine ihrer blonden Haarsträhnen aus dem Gesicht streifte.

Fast wäre Lynette unter der Berührung von Bree’s Haut an der ihrer zusammen gezuckt, doch sie hielt still und spürte nun, wie der Finger ihrer Freundin reglos auf ihrer Wange verharrte.

Etwas an dieser Bewegung verwirrte Lynette, denn sie war so ungewohnt – so zärtlich.

Doch das beunruhigende war – Lynette stellte sich insgeheim die Frage, ob sie es tatsächlich als beunruhigend empfand -, dass Bree ihr nun so nahe war, dass sie die Tränen auf ihren Wimpern zählen hätte können, wenn auch nur ein klarer Gedanke in ihrem Kopf gewesen wäre.

Instinktiv schloss Lynette die Augen, als sie Bree’s warmen Atem auf ihrer Haut fühlte und zum zweiten Male an diesem Tag bekam sie eine Gänsehaut, gefolgt von einem warmen Schauer, der ihr über den Rücken lief.

Plötzlich legten sich fremde und doch so vertraute Lippen auf die ihren, eine tastende Hand drücke ihre so fest, dass sie es selbst durch den Schleier von Gefühlen als schmerzhaft empfand, doch das alles war so unwesentlich, so weit, weit weg.

Ohne sich zu wehren – sie wäre gar nicht dazu in der Lage gewesen – ließ sie diesen unsicheren Kuss zu, erwiderte den Händedruck von Bree jedoch mit erstaunlicher Selbstsicherheit und neigte den Kopf nun ein klein wenig nach vorn, um ihrerseits die Lippen von Bree mit der liebevollen Geste eines Kusses zu umschließen.

Part 2

Bree strich in einer fast überflüssigen Geste über das Regal aus dunklem Kirschholz, das – und wie hätte es anders sein sollen? – vom Staub vollkommen frei war. Diese sonst so alltägliche Geste war von einer seltsam beklemmenden Traurigkeit erfüllt, die sich mit keinem Deut in ihrer Mimik widerspiegelte – lediglich ein Blick in die Augen hätte verraten, dass ihr immer währendes Lächeln schon lange nicht mehr echt war.

Es gab nur keinen Menschen, der durch ihre perfekte Maske hindurch sehen wollte – zu sehr hatte sie sich bereits in diesen Dunst des sorglosen Lebens gehüllt, als das jemand auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte, bis zu ihrem Herzen zu dringen.

Zumindest schien es so, denn es war das, was Bree glauben wollte.

Noch bis vor wenigen Stunden hatte dies der Wahrheit entsprochen, denn sie hatte gedacht, dass sie zu kalt wäre, um auch nur jemanden an sie heran zulassen, wenn sie es tatsächlich gewollt hätte.

Keine Minute war vergangen, in der man ihr gesamtes Fundament durch eine Geste erschüttert hatte, die schon bald alltäglich geworden wäre, wenn Rex nicht die Scheidung eingereicht hätte.

Einem Kuss.

Wenn sie die Augen schloss, spürte sie noch immer Lynette’s Lippen auf ihren – doch war es letztlich sei selbst gewesen, die ihre Freundin geküsst hatte und vor Überraschung stockte, als diese ihre Geste zuließ.

Sie vermochte nicht zu sagen, weshalb sie so gehandelt hatte – doch wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie es fast schon instinktiv getan hatte. Das Gefühl, Lynette’s wärmenden und schützenden Körper so nahe dem ihren zu spüren, ihre Hände sicher umschlossen in ihren Händen zu wissend und die Geborgenheit, die von all diesen Gesten ausgegangen war, hatten in Bree etwas zum brennen gebracht, das sie – ein Schauer drohte ihr über den Rücken zu laufen, als sie daran dachte – von Rex nie bekommen hatte.

Sie liebte es, wenn Rex sie küsste, wenn er sie in den Armen hielt. Ja, sie genoss es sogar, neben ihm zu schlafen, mit ihm zu schlafen.

Doch wider Willen musste sie zugeben, dass ein solches Feuer bisher niemals in ihr entflammt worden war. Und wäre da nicht dieser Hauch schlechten Gewissens und die peinliche, fast schon schuldbewusste Stille gewesen, als sich ihre Lippen nach einer kleinen Ewigkeit wieder gelöst hatten, so war sie nicht im Stande dazu, zu sagen, was danach geschehen wäre.

Sie fröstelte bei dem Gedanken daran und doch schaffte sie es nicht, in vollkommen aus ihrem Kopf zu scheuchen.

Auch dann nicht, als ein schrilles Klingeln an der Haustüre sie jäh in die Wirklichkeit zurückholte.

Ein vager Ausdruck des Erstaunens löste nun ihre so gleichgültig wirkende Miene ab und ihr Blick streifte automatisch die Uhr – das Ziffernblatt zeigte exakt zweiunddreißig Minuten nach halb sechs – und sie runzelte die Stirn. Andrew sowie Danielle waren bei Freunden und es war unwahrscheinlich, dass die beiden schon um diese Zeit zurück waren.

Ein weiteres Mal ertönte die Glocke und Bree setzte sich in Bewegung. Ihr Besucher musste also zumindest wissen, dass sie Zuhause war, denn sonst wäre er aller Logik nach zu Folgen wieder gegangen.

Ihr nettes, unscheinbares und doch perfektes Lächeln spiegelte sich in ihrem Gesicht wider, als sie zur Türklinke griff.

Noch ehe sie die Türe auch nur einen Spaltbreit geöffnet hatte, spürte sie den sanften Druck, der sich gegen sie stemmte und bevor sie dazu in der Lage war, instinktiv dagegen zu drücken, wurde die Türe vollends geöffnet und ihre Hand rutschte von der vergoldeten Klinke.

Weder konnte sie schnell genug ausmachen, wer ihr Besucher war, noch kam sie dazu, ein Wort der Empörung über ihre Lippen zu bringen, als ein blonder Haarschopf in ihr Blickfeld rückte und sie im nächsten Moment den vertrauten Geruch von Lynette einsog, die sich mit einer stürmischen Bewegung an sie klammerte.

Bree war noch immer zu überrascht, als das sie etwas hätte sagen können und fast ohne nachdenken erwiderte sie die Umarmung, während sie spürte, dass sie im Begriff war, jegliche Kontrolle über sich selbst zu verlieren.

Falsch.

Sie bereits verloren hatte.

Sie wusste nicht, ob Lynette weinte, wie sie es einst in ihrem Wohnzimmer getan hatte, doch sie spürte ihre Lippen sogleich auf der ihren – und musste feststellen, dass selbst die vagen Anflüge von Zweifel, die sie vorhin verspürt hatte, wie weggefegt waren, als sie die Geste erwiderte.

Erst nach einer halben Minute, die sich in hungriges Verlangen steigerte, lösten sich ihre Münder und Bree sah in Lynette’s geweitete Augen.

Es war, als würde sie in einen Spiegel blicken und diese Erkenntnis traf sie mit voller Wucht.

Sofort wusste sie, dass Lynette voll Zweifel erfüllt war, genau, wie sie selbst. Auch die Überraschung über ihr eigenes Handeln und die Tatsache, dass sie hier überhaupt standen und sich gerade küssten, blieb Bree nicht verborgen.

Seltsamerweise erfüllte sie all das mit Erleichterung.

Erleichterung darüber, dass Lynette das alles nicht als Selbstverständlichkeit ansah, auch wenn alles geschah, als hätten sie beide nie etwas anderes getan, als sich geliebt.

Plötzlich überkam Bree der unvorhergesehene Drang, ihrer Freundin ein Lächeln zu schenken und ihr zu sagen, dass alles gut sei. Doch gleichzeitig war ihr klar, dass jedes falsche Wort mit einem Schlag alles zerstören konnte und so hoffte sie, dass Lynette sie auch ohne Worte verstand.

Nein.

Sie wusste, dass Lynette das tat, auch wenn ihr vollkommen schleierhaft war, warum.

Nach einem Moment des Zögerns legte Bree Lynette einen ihrer Finger auf die Lippen – und wurde von einem wohligen Schauer durchzuckt, als sie ihre Haut berührte.

Sie wollte Lynette.

Wollte sie wie nichts auf der Welt.

Sie ergriff ihre Hand, zog sie schweigend mit sich ins Wohnzimmer und drückte sie mit sanfter Gewalt auf die weiche Couch, platzierte sich selbst auf Lynette’s Schoß und schlang beide Arme um deren Hals, um erneut in einem schier nicht enden wollenden Kuss zu versinken.

Sie spürte eine warme Hand unter ihrem türkisfarbenen Shirt, die ihr fast schon neckisch über den flachen Bauch strich und sich unsicher den Weg höher bahnte.

Bree fühlte die Unsicherheit ihrer Freundin, tastete nach deren Hand und führte sie nach oben, immer weiter, bis die Fingerspitzen ihre Brust berührten.

Deutlich mehr Überwindung kostete es Bree, ihre Arme aus der Umarmung zu lösen und Lynette ihr Oberteil über den Körper zu streifen, die Verschlüsse ihres BHs öffnete und beide Kleidungsstücke achtlos bei Seite warf.

Sie reagierte nicht einmal, als die Decke auf dem Glastisch zu Boden rutschte.

All das spielte keine Rolle mehr und wenn doch, nahm sie das nur noch durch einen dunstigen Schleier wahr.

Auch Bree hatte sich ihrer Kleidung nun entledigt und das Schamgefühl, vollkommen nackt zu sein, wie es sich bei Rex eingestellt hatte, war nicht vorhanden. Sie fühlte sich sicher, sie fühlte sich schön und wie wusste, dass Lynette sie in diesem Augenblick wohl mehr als alles andere begehrte. Ein sanftes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als Bree zu ihr unter die Wolldecke kroch, die sie sich übergeworfen hatten, und ihre helle Haut gegen die Lynette’s presste.

Sofort durchströmte sie die Wärme, die von ihrer Freundin ausging und gab ihr sanfte Küsse in den Nacken, bedeckte ihren Hals damit und gelangte schließlich hinab zu ihren Brüsten und dem Bauchnabel, bei dem sie kurz verharrte.

Nein, sie bereute es nicht.

Sie bereute gar nichts.

Sachte schob sie die Decke von Lynette’s Körper, hob dann den Blick und hielt in ihren Küssen inne, leicht lächelnd, als sie sah, dass Lynette’s Gesicht vollkommen entspannt und die Augen geschlossen waren.

Suchend tastete Bree nun nach der Hand ihrer Freundin, umschloss diese mit sanftem Druck und streifte mit der anderen die Decke auch noch das letzte Stück zur Seite, sodass diese lautlos zu Boden fiel.

Bree’s Blick glitt über den nackten Körper Lynette’s, deren dunkler Teint sich stark von ihrer blassen, porzellanartigen Haut abhob. Sie erkannte perlende Schweißtropfen in der Einbuchtung zwischen Lynette’s Brüsten und Bree wurde von einer so starken Woge ganz und gar unbeschreiblicher Gefühle erfasst, die ihr etwas Bestimmtes mitteilen wollten.

Etwas, das ihr irgendwo in einem verborgenen Winkel ihrer Seele sogar ein wenig Angst einflößte.

Etwas, das man Liebe nannte.

Sie liebte Lynette.

Bree van de Kamp liebte Lynette Scavo.

Brynette.

Während sie ihren Weg dorthin fortsetzte, wo Lynette wohl seit Jahren nur von Tom berührt worden war, wurde ihr bewusst, dass sie eins waren.

Als Bree sie dort liebkoste und Lynette’s nun nicht mehr lautloser Atem in ihren Ohren klang, bemerkte sie, wie sehr sie es genoss - es, das alles hier eben.

Sie war glücklich.

Und sie fühlte sich perfekt.

Niemals war auch nur die Spur von Scham vorhanden gewesen, als sie sich beide hüllenlos gegenüber gestanden waren, nur ein verhaltenes Lächeln hatte sich in ihren Gesichtern widergespiegelt.

Nun hörte Bree, wie Lynette’s Atem hastiger wurde, fordernder, gieriger.

Ihr Körper erzitterte merklich unter Bree’s Berührungen und auch sie selbst merkte, wie sich alles in ihr zusammenzog, als sie ihre Zunge geschickt spielen ließ und Lynette’s Fingernägel über ihren Rücken fuhren.

Sie verspürte keinerlei Schmerzen, nur eine sie packende Hitzewelle.

Leichter Schweißgeruch drang in ihre Nase, doch sie empfand ihn nicht als abstoßend – im Gegenteil.

Ein Gefühl der Befriedigung machte sich in ihr breit, als ihr der Gedanke kam, dass Lynette sie wollte und sie aus diesem Grunde so sehr begehrte.

Mit dieser Erkenntnis in ihrem Kopf senkte Bree diesen ein weiteres Mal und bedeckte den Körper ihrer Freundin mit Küssen, sich ihren Weg nun langsam wieder nach oben tastend.

Einen Augenblick lang verharrte sie in Lynette’s Nacken, als sie eine feuchte Hand auf ihrem ebenfalls nassen Rücken spürte, die nun ihren eigenen Körper hinab glitt und sie mit einer neckisch wirkenden Bewegung in eine ihrer Pobacken kniff.

Sie konnte das in ihr aufflammende Grinsen nicht unterdrücken und ihr Gesicht befand sich über dem Lynette’s, als sie es zur Seite drehte und mit den Zähnen zärtlich an Lynette’s Ohrläppchen zog, um auch ihr daraufhin ein Grinsen zu entlocken.

„Süße…“, hörte sie es flüstern.

„Mh-hm.“

Sie wollte nicht sprechen – nicht jetzt, denn sie vermochte nicht auch nur ein vernünftiges Wort über ihre Lippen zu bringen.

Stattdessen beugte sie sich über Lynette und kam ihr so nahe, dass sie deren warmen Atem ein weiteres Mal in ihrem Gesicht spürte und mit zitternden Lidern ihre Augen schloss.

Die Sekunden verstrichen und sie befürchtete schon fast, in einem Traum gefangen zu sein und jeden Moment zu erwachen, als sie ihre Augen wieder öffnete – und Lynette noch immer unter ihr lag.

„Sag jetzt nichts.“, wisperte sie leise und wenn jemand genauer hingehört hätte, wäre ihm der vage Anflug von Schmerz in Bree’s Stimme aufgefallen.

Schmerz darüber, dass sie keine Zukunft hatten.

Doch sie verbannte diesen Gedanken, indem sie Lynette sanft auf die Lippen küsste.

Part 3

Lynette betrat Bree’s Badezimmer und schloss leise die Türe hinter sich, als sie den gewohnt sauberen Raum mit den sterilen cremefarbenen Kacheln betrat.

Ein leises, erschöpftes Seufzen drang über ihre Lippen, als sie vor das Waschbecken trat und den Kopf hob, um ihr Gesicht im Spiegel zu betrachten. Eine hellblonde Haarsträhne hing ihr über die Stirn, die sie mit einer sanften Bewegung ihres Fingers hinter das Ohr strich und für einen Moment in dieser Geste verharrte, ehe sie beide Arme sinken ließ und die Luft scharf einsog.

Ihre Gedanken waren aufgewühlt und schwirrten ihr scheinbar ziellos durch den Kopf, in dem sie ein leichtes Pochen verspürte. Ein zweites mal hob sie nun ihre Arme, um mit den Händen die Schläfe sanft zu massieren und für einen Moment herrschte nichts als eine beklemmende Stille um sie herum.

Sie hatte gerade mit ihrer besten Freundin geschlafen.

Im Haus deren Ehemannes.

Auf dem Sofa.

Diese Erkenntnis schwappte ihr wie kühles Wasser ins Gesicht und es fiel ihr schwer, sich zu erinnern, wie sie alles nur so weit hatte kommen lassen.

Es war doch nur ein Kuss gewesen.

Ein einfacher Kuss, nicht weniger.

Aber dafür wohl um so mehr.

Lange war sie in vollkommenem Schweigen Zuhause in der Küche gesessen, die Kinder waren außer Haus gewesen und auch Tom befand sich, wie die meiste Zeit, auf Geschäftsreise. Tom.

Sofort spürte sie die heftigen Gewissensbisse, die sie gegenüber ihm haben würde, wenn er ihr gegenüber stand, sie sanft an sich zog und küsste, weil er glücklich darüber war, sie wieder in den Armen halten zu können.

Sie. Seine Ehefrau.

Ihr schauderte bei dem Gedanken daran, doch das war bei weitem nicht das schlimmste.

Sicher konnte sie nicht bestreiten, dass sie Angst vor diesem ersten Zusammentreffen hatte, doch normalerweise hätte sie sich schuldig, bei dem Gedanken daran, ihn verletzt zu haben, wenn er davon wüsste, vorkommen müssen. Das war auch der Fall, doch auf eine entschieden andere Weise.

Denn sie bereute selbst bei all diesen Dingen nicht, was gerade in Bree’s Wohnzimmer geschehen war. Das Gegenteil war vielmehr der Fall, denn sie hatte es genossen, mehr, als sie gedachte hätte, dass sie es jemals tun könnte.

Es war schön gewesen, einem Menschen nah zu sein, zu dem man ein so inniges und vertrautes Verhältnis führte. Beiden Frauen war es in der Tat so vorgekommen, als wüssten sie haargenau, was dem jeweils anderen gefiel. Selbst die Zärtlichkeit und diese Umsicht waren erstaunlich gewesen.

Lynette seufzte wiederholt.

Es hatte keinen Sinn, Erklärungen für das zu suchen, worauf sie keine Antwort bekommen würde. Trotz allem war ihr schleierhaft, wie es weitergehen sollte – mit Bree und mit ihr. Denn sie konnte sich nicht vorstellen, ihr auch nur ein einziges Mal wieder in die Augen zu sehen, ohne an dieses Erlebnis zurückerinnert zu werden.

Dieser Gedanke schmerzte, ohne Zweifel.

Doch ihr war klar, dass sie reden mussten. Reden über das, was passiert war. Und darüber, wie es weitergehen sollte - ob es weitergehen sollte.

Dabei wusste Lynette schon längst, dass sie von Bree nicht ablassen konnte.

Auf dem Weg aus dem Badezimmer zurück zu Bree hatte sich Lynette die Freiheit genommen, sich in den strahlend weißen Bademantel ihrer Freundin zu hüllen und sich in die Küche begeben, um Kaffee zu kochen.

Eine Gewohnheit, die auch bei Tom durchschlug, wenn sie mit ihm geschlafen hatte.

Diese Erinnerung fortscheuchend, betrat sie das nun in etwas dunklerem Licht gehüllte Zimmer und ließ ihren Blick auf Bree ruhen, als sie zur Couch ging und sich darauf niederließ.

Ein wenig fröstelnd, das Gesicht jedoch noch immer von einem kaum sichtbaren Schweißfilm überzogen, hob sie die nackten Beine nach oben, schlang ihre Arme um sie und bettete den Kopf auf die Knie.

Die ersten Minuten vergingen, ohne dass jemand wagte, ein Wort zu sagen – doch ihnen war zweifelsohne klar, dass sie früher oder später sprechen mussten.

Die Last, das Schweigen durchbrechen zu müssen, wurde ihr just in diesem Augenblick von Bree genommen, deren Stimme leise und beherrscht klang, wie es jeder von ihr gewöhnt war.

„Lynette…“, sagte sie leise und richtete sich langsam auf, das Kinn auf Lynette’s Schulter legend, „Ich… Es tut mir Leid.“

„Nein, sag so etwas nicht!“, erwiderte Lynette hastig, sich darum bemühend, den verletzten Unterton aus ihrer Stimme zu verbannen. Es gelang ihr kaum. „Ich meine – bitte sag nicht, dass es dir Leid tut, wenn es denn eine Lüge wäre. Bitte nicht.“ Ihr letzter Satz war leise, fast schmerzerfüllt.

Das Bestürzen auf Bree’s Gesicht wuchs. „Soll ich denn tatsächlich ehrlich sein? Denkst du, dass die Situation dadurch erleichtert werden würde?“ Bree schüttelte leicht den Kopf, doch ihre Miene verriet etwas vollkommen anderes.

Lynette spürte, dass sie all das nur sagte, um die Ernsthaftigkeit der Situation zu entschärfen, was ihr jedoch gänzlich misslang.

„Nein, Bree, das glaube ich nicht. Es tut nur verdammt weh, falls du weißt, was ich meine.“

Es ging gegen ihren Willen, Bree zu verletzen und doch kam sie nicht umhin, sie zu erheben und zurück in die Küche zu kehren. Der Kaffee war ohnehin schon durchgelaufen.

Eine kleine Weile verging, in der sie zwei Tassen auf den Tisch stellte – sie brauchte nicht nach ihnen zu suchen. Dieser Ort war ihr so vertraut wie all die restlichen in Bree’s Haus.

Während die dampfenden Tassen, die den Raum mit einem angenehmen, entspannenden Geruch erfüllten, auf dem Tisch standen, ließ Lynette sich auf einen der Stühle nieder und seufzte, wie sie es schon so oft heute getan hatte, leise.

Sie hörte vage, wie Bree hereinkam, doch ihre Gedanken schweiften immer wieder ab und es schien, als würde sie diese Situation wirklich deprimieren – nicht wissend, wie sie sich verhalten sollte.

Die Rothaarige zog einen der hölzernen Stühle heran, setzte sich dann gegenüber von Lynette und ließ ihren Blick auf ihr verweilen, ehe sie den Mund öffnete, um erneut zu einer Aussprache anzusetzen:

„Es war wunderschön und ich bereue nichts.“

Es verstrichen die Sekunden und beide Frauen verharrten in gänzlicher Regungslosigkeit. Lynette nahm alles nur noch durch einen Schleier war und obwohl die Worte schon längst in ihr Ohr gedrungen waren, wurde sie sich ihrer Bedeutung nur langsam bewusst.

Dann hob sie zaghaft den Kopf, ihre überraschte Miene konnte sie nicht verbergen und erwiderte Bree’s Blick. Mit einem Mal hatte Lynette das Gefühl, die Kraft ihrer Tränen würde sie überwältigen und sie schaffte es, tapfer gegen sie anzukämpfen.

Trotz allem klang ihre Stimme zittrig, als sie sprach.

„Ich…“, begann sie und wand sich in ihrer Hilflosigkeit, stützte den Kopf auf beide Hände und saß mit gesenkten Kopf da. Mit einem Mal schien ihrem Herzen eine schwere Last genommen worden zu sein, sie sie kaum zu tragen vermocht hatte.

„Du glaubst nicht, wie sehr mich deine Worte erleichtern, Bree.“

Mehr konnte sie nicht hervorbringen, obwohl ihr noch so unendlich viel auf der Zunge lag. Doch gleichzeitig stellte sich in ihr eine Frage, die sie ängstigte - wahnsinnig ängstigte – und sie verstummte augenblicklich.

Als sie sich wieder dazu in der Lage fühlte, Bree’s Blick standzuhalten, hob sie den Kopf – und ballte gleichzeitig ihre Hände zu Fäusten, nur, um sich selbst stärker zu machen, als sie sich gerade fühlte.

Nämlich schwach, verletzlich und bangend.

„Denkst du, so fühlt sich Liebe an, Bree?“

Part 4

Bei dem Klang von Lynette’s Worten war Bree schweigend aus der Küche gegangen, wohlwissend, dass das wohl die verletzendste Handlung war, mit der sie hätte reagieren können.

In ihrem Kopf drehte sich alles und ein seltsames Schwindelgefühl hatte sie erfasst, welches seit dem Zeitpunkt, da Lynette aufgestanden und ins Badezimmer gegangen war, nicht mehr verschwinden wollte.

Es schien ihr fast so, als würde sie aus einem – sie musste zugeben wundervollen – Traum erwacht, doch nun erfasste sie die Realität ganz und gar unbarmherzig und ihr wurde langsam die Bedeutung der Worte und Gedanken klar, die sie gegenüber ihrer Freundin angewandt hatte.

Waren sie denn tatsächlich die Wahrheit gewesen?

Etwas sagte ihr, dass die Antwort ein eindeutiges Ja sein musste und doch sträubte sich alles in ihr, das zu akzeptieren.

Ein Leben lang hatte man ihr gelehrt, Homosexualität wäre etwas nicht richtig, denn Gott hatte gewollt, dass Mann und Frau zueinander finden. Sie hatte mit aller Kraft, die sie hatte aufbringen können, danach gestrebt, eines Tages zu heiraten, Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen, die man mit ihrer eigenen auf eine Stufe stellen konnte – mit einem Wort: sie wollte ein perfektes, glückliches und erfülltest Leben führen.

Mit dem winzigen Fehler, dass sie sich kaum an die Momente erinnern konnte, in den sie sich zusammen mit Rex auch tatsächlich so gefühlt hatte.

Ihr Glück, als zuerst Andrew und kurze Zeit später Danielle auf die Welt gekommen waren, war gänzlich unbeschreiblich gewesen.

Diese beiden Kinder waren ihr Leben und sie hatte ihre gesamte Energie in die Erziehung der beiden gesteckt, tat dies immer noch.

Ihr Ehemann, Rex, hatte er ihr nicht trotz aller Unzufriedenheiten achtzehn wunderbare Jahre geschenkt?

Er war ihre große Liebe gewesen und hatte ihr, zumindest vor ihrer Eheschließung, ein Leben geschenkt, das sie sich all die Jahre gewünscht hatte.

Schon allein dafür würde sie in respektieren – auf ewig.

Doch sie hatten es verloren.

Sie hatten den Punkt, von dem es keine Rückkehr mehr gab, überschritten.

Wenn sie die Augen öffnete, blickte sie auf eine Ehe hinab, die nur noch einer Ruine glich, die langsam in sich selbst zerfiel.

Plötzlich war Lynette in ihr Leben gekommen.

Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie an ihre quirlige blonde Freundin mit den vier hyperaktiven Kindern und ihren Mann dachte, der Kinder – oder die schönste Nebensache der Welt – auffällig gerne mochte.

Ihr Mann.

Sofort legte sich ein Schatten auf Bree, als ihre Gedanken zu Tom schweiften.

Daran durfte sie gar nicht denken, doch es war unumgänglich, es bei Seite zu schieben. Verdammt, wahrscheinlich liebte er sie.

Schon zum zweiten Mal an diesem Tag spürte sie, wie sie gegen die aufkommenden Tränen nur mit Mühe ankämpfen konnte, als sich Lynette’s Arme um sie schlangen.

Fast, als hätte sie geahnt, es ginge ihr schlecht.

In ihren Gedanken unterbrochen, schob sie Lynette sanft von sich, drehte sich zu ihr um und blickte in ihr Gesicht.

Sie stockte.

Lynette’s Augen waren gerötet und ihr Blick verriet, dass sie von ihrem Gewissen wohl genauso gequält wurde, wie Bree selbst.

Dann trat sie ein, zwei Schritte zurück.

„Lynette, du weißt, dass wir beide in unserem eigenen Interesse versuchen sollten, das hier zu vergessen. Es kann nicht sein. Das darf es einfach nicht. Und ich sehe mich nicht gewillt, eine Affäre mit dir anzufangen.“

Beim Klang ihrer eigenen Worte hätte sie beinahe selbst laut aufgelacht, so unwirklich klang das ganze.

Dabei wusste sie doch schon seit dem Zeitpunkt, da sie diejenige gewesen war, die Lynette’s Lippen berührt hatte, dass sie nicht von ihrer Freundin ablassen konnte.

Trotz allem durfte sie nicht zulassen, dass ihre Gefühle über die Vernunft und der leisen Stimme in ihrem Kopf siegten.

„Denke an deine Kinder – an meine Kinder. An Rex und an Tom, Lynette. Tom liebt dich.”

Jäher Schmerz flammte in ihrer Brust auf, als sie sich selbst sprechen hörte und alles in ihr schrie danach, besser zu schweigen, bevor sie noch mehr Dinge erzählte, die sie selbst nicht wollte. Sie liebte Lynette, sie war alles, was sie sich jemals gewünscht hatte – und ihre Gefühle wurden von solch einer Stärke erwidert, dass sie selbst kaum dazu in der Lage war, das zu begreifen.

„Nein, Bree.“, sagte Lynette plötzlich leise und Bree sah, wie ihre Freundin den Blick für den Bruchteil einer Sekunde abwandte. Fast, als müsste nun auch sie sich gegen die Tränen stellen.

„Ich bin mir nicht sicher, ob Tom tatsächlich mich liebt. Ich weiß, dass er für unsere Kinder alles tun würde, um sie glücklich zu machen und er wäre zutiefst getroffen, würde mir etwas geschehen – doch er begehrt meinen Körper. Lieben tut er nur seine Karriere.“

Sämtliche Vorstellungen von Lynette’s Ehe, die in Bree’s Kopf vorhanden waren, fielen wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Wenn sich zwei Menschen liebten, dann waren es Lynette und Tom gewesen – zumindest waren das die Gedanken, die sie bisher immer gehabt hatte.

Scheinbar hatte jedoch nicht nur ihre eigene Welt Risse.

Wie gerne würde sie nun einen Schritt in Lynette’s Richtung tun, sie in die Arme schließen und in ihr Ohr flüstern, dass sie sie liebte, dass sie Tom nicht bräuchte und sie mit Lynette bis ans Ende der Welt gehen würde. Gemeinsam.

Doch die Distanz war so unüberwindlich, dass Bree all ihre Willenskraft aufbringen würde, um auch nur ihre Hand zu heben und damit sanft Lynette’s Arm zu berühren.

Ihre Geste sollte tröstend wirken, doch sie war schlichtweg unbeholfen.

Statt Lynette damit nun zu trösten, sah sie wie im Zeitraffer, wie die erste Tränen die Wangen ihrer Freundin hinab liefen, gefolgt von unzähligen darauf folgenden.

Bree spürte, wie all ihre Gefühle aufgewirbelt wurden und eine plötzliche Erkenntnis in ihr Bewusstsein drang.

Die Erkenntnis über das tiefe Mitgefühl, das langsam und doch beharrlich zu großem Schmerz wuchs.

(Kälter als hier unten wird’s nicht.)

Jegliche Selbstkontrolle fiel von ihr, denn ihr Herz konnte es auch nicht nur eine Sekunde lang ertragen, Lynette in solch einem Zustand zu sehen.

Ohne zu zögern flog sie förmlich in Lynette’s Arme, verharrte dort einen Augenblick und nahm dann Lynette’s Gesicht zwischen ihre Hände, um in ihre Augen zu blicken.

Auch sie verlor nun den Kampf gegen die Tränen.

„Es tut mir Leid, es tut mir so Leid,“ hörte sie sich mit zittriger Stimme sagen, „Meine süße Lynette, oh bitte, verzeih mir. Bitte.“

Sie wimmerte nun fast.

„Ich liebe dich. Hörst du was ich sage? Ich liebe dich, bei Gott. Ich liebe dich so sehr. Ich… Ich…“

Bree fand sich in einem Kuss wieder, der ihr für ein paar Sekunden den Atem raubte, als sie das Zuschlagen der Haustüre wahrnahm.

Doch ihre Reaktion kam entschieden zu spät.

Ihre Lippen hatten sich noch nicht voneinander gelöst, als sie aus den Augenwinkeln eine schemenhafte Gestalt erblickte und eine ungläubige, ihr nur allzu vertraute, Stimme erklang.

„Bree?!“

Rex van de Kamp war nach Hause gekommen.

Part 5

„Bree?!“ –

Lynette zuckte so stark zusammen, dass sie gut einen Schritt von Bree wegtaumelte und den Blick von ihr riss, dass ihr die Haare um den Kopf wirbelten.

Mit dem Ausdruck vagen Entsetzens richtete sie ihre Augen auf die schattenhafte Gestalt im Türrahmen, die sich nun aus der Dunkelheit löste und ins Licht trat.

Dort stand kein geringerer als Bree’s Ehemann.

Rex van de Kamp.

Lynette’s Eingeweide gefroren zu Eis und zogen sich unangenehm zusammen, als ihr klar wurde, wie banal diese Situation aussehen musste.

Wie banal diese Situation tatsächlich war.

Auch wenn die Scheidung bereits lief, musste es für Rex ein regelrechter Schock sein, seine Frau, eng umschlungen mit ihrer langjährigen Nachbarin, zu sehen, noch immer nur notdürftig bekleidet – sie selbst befand sich im Bademantel, woran sie überhaupt nicht denken mochte – und eine halb gesagte, halb geschluchzte Liebeserklärung hervorbringend.

Es schien, als hätte es Rex vollkommen die Sprache verschlagen, als er in unangenehmen Schweigen das Zimmer durchquerte und den Blick noch immer fassungslos auf Lynette und seine Gattin gerichtet hatte.

Die Wohnzimmertüre schlug mit einem lauten Krachen zu.

Lynette’s Welt stürzte in sich zusammen.

Sie vermochte nicht zu sagen, wann ihr Glück sich so rasch ins Gegenteil gewandelt und dafür gesorgt hatte, sich schlechter als jemals zuvor zu fühlen.

Mit betroffener Miene sah sie zu Bree, die ihren Blick mit ebenso großem Bestürzen und auch blankem Entsetzen erwiderte.

Hilflos zuckte Lynette mit den Schultern.

„Ich… ich sollte wohl besser gehen.“, begann sie zögernd – und wurde auch sogleich von Bree unterbrochen.

„Lass’ mich jetzt bitte nicht alleine, Lynette. Bitte.“ Bree’s Stimme war ein schon fast panisches Flehen, „Ich schaffe das sonst nicht.“

Lynette wusste selbst nicht, wie sie Rex – oder gar Andrew und Danielle, wenn sie davon erfuhren und das würden sie früher oder später ganz unweigerlich tun – je wieder in die Augen blicken konnte, ohne von heftigen Gewissensbissen geplagt zu werden. Doch gleichzeitig tat sich in ihr der unermüdliche Drang auf, zu kämpfen.

„Wir werden eine Lösung finden, hoffe ich…“

Sie hörte sich so sprechen und wusste selbst nicht, woher sie die Kraft und die Zuversicht für solche Worte nahm, doch es war fast so, als hätten beide Frauen ihre Rollen getauscht. Lynette’s Nerven waren durchaus strapazierfähig – wie sonst würde sie ihre vier hyperaktiven Kinder im Zaum halten können? -, doch sie war nur allzu oft frustriert über ihren öden Alltag und ihr so unspektakulär gewordenes Leben, dass ihre Zustände hart an der Grenze zu den Depressionen standen.

Bree hingegen war

(Fakersmile)

stark. Stolz. Immer von einer gewissen Kälte umgeben, von der sie sich von ihrer Umwelt distanzierte und doch gleichzeitig warm zu all jenen, die ihr am Herzen lagen.

Mit einem Wort – sie war perfekt.

Doch jetzt erkannte Lynette, dass sie beide von den gleichen Gefühlen beherrscht waren – mit dem einfachen unterschied, dass Lynette nicht die Kraft besaß, all ihre Emotionen hinter einer Fassade des Lächelns zu verstecken.

Ein leises, schwermütiges Seufzen drang über ihre Lippen und sie ging an Bree vorbei, ihre Schultern streiften sich leicht.

„Ich hole meine Klamotten…“, murmelte sie schließlich, drückte sich vollends an Bree vorbei und griff zögernd nach der Klinke der verschlossenen Wohnzimmertüre, hinter der Rex

(lauerte)

war und wahrscheinlich auf der Couch saß und sich den Kopf darüber zerbrach, was er von all dem, was er gesehen hatte, halten sollte.

Doch hatte sie die Wahl?

Bree’s Blick brannte in ihrem Nacken, als sie die Türe öffnete und den Bruchteil einer Sekunde zögerte, ehe sie sie durchschritt.

Mit gesenktem Kopf und ohne auch nur ein einziges Mal aufzublicken, tastete Lynette mit den Augen suchend den Boden ab, um ihre zerstreuten Kleidungsstücke zu finden und einzusammeln.

Die nächsten Minuten waren in eine drückende Stille gehüllt, bis sie mit einer raschen Handbewegung nach ihrem BH, der auf der Lehne der Couch lag, griff und sich ein letztes mal umsah, Rex bewusst meidend.

Mit einer abschließenden Geste seufzte sie und wollte das Zimmer verlassen, als sie zusammen zuckte.

„Wieso, Lynette? Sag mir – wieso?“

In Rex verbitterter Stimme schwang nur allzu deutlich eine Spur von Zorn mit und er erhob sich so ruckartig, dass Lynette instinktiv zurückwich.

Er trat näher an sie heran und wirkte plötzlich auf eine unbestimmte Weise bedrohlich. Auf der anderen Seite Drang von irgendwo in ihr Bewusstsein, dass Rex es doch gewesen war, der die Scheidung eingereicht hatte – nicht Bree. Hatte sie damit nicht nun auch das Recht auf ihre eigene Entscheidungsfreiheit?

Sie schwieg vorzugsweise, stattdessen fragte sie mit leichtem Trotz in ihrer Stimme: „Was – wieso, Rex? War die Situation nicht eindeutig genug für dich?“

Hätten Blicke töten können, so wäre Lynette wohl auf der Stelle regungslos auf den Boden gekippt. Doch in Rex’ Augen flackerte es gefährlich und mit einem Mal glaubte sie, dass er vielleicht doch noch Gefühle für Bree haben könnte.

Dieser Gedanke tat unwillkürlich weh, zumal er sie mit der Befürchtung erfüllte, auch Bree könne so denken.

Rex tat einen weiteren unerwarteten Schritt auf Lynette zu, packte sie mit seinen großen Händen unwahrscheinlich Grob an ihrem Oberarm und schüttelte sie leicht.

Lynette hatte Angst, wirklich Angst, denn so hatte sie Rex noch nie erlebt.

„Rex, lass mich los. Lass mich verdammt noch mal sofort los.“

Natürlich – und wie hätte es auch anders sein sollen? – war das Gegenteil der Fall.

Sein Griff verstärkte sich.

„Was hast du, was ich nicht habe, Lynette? Wieso muss meine Frau gerade ihre Nachbarin lieben?“

Auch Lynette fing nun an, wütend zu werden.

Doch bevor sie überhaupt dazu in der Lage war, eine angemessene Antwort zu formulieren, die nicht einen Haufen Beschimpfungen enthielt, wollte sie – und das mehr als alles andere gerade -, dass Rex ihren Arm losließ, da er zu schmerzen begann.

„Weil die Nachbarin Bree scheinbar viel besser das geben kann, was sie sich wünscht.“, fauchte sie und vor Überraschung lockerte sich Rex’ Griff, sodass sie hindurchschlüpfen und sich losreißen konnte.

Sie wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch ihr blieb ganz einfach die Luft weg. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, raffte sie ihre Klamotten zusammen – sie achtete weder darauf, dass sie noch immer Bree’s Bademantel trug und im Laufen etwas verlor -, um aus der Türe zu rauschen.

„Es tut mir so unendlich Leid, Bree.“, flüsterte sie und musste sich zusammenreißen, um nicht vor lauter Kummer und Zorn zu schluchzen.

Dann hörte man, wie die Türe hinter ihr zuschlug und im Haus der van de Kamps wurde es totenstill.

Part 5

Bree wusste nicht, wie lange sie nun schon vollkommen regungslos auf ihrem Bett lag, ein paar Stunden schlafend und die restliche Zeit halb wach, versunken und gefangen in Gedanken, die sich um Rex und Lynette drehten – um wen sonst auch?

Ihre Beine waren eng an den Körper gezogen, sie hatte sich auf die Seite gelegt und die Arme um die Knie geschlungen, vergleichbar mit der Haltung eines Embryos.

Ein Blick auf den Wecker mit dem roten Licht verriet ihr, dass es bereits ein Uhr Nachts und sie eindeutig alleine war.

Das Haus lag nicht in der üblichen friedlichen Stille, sondern war von einer bedrohlichen Aura erfüllt worden und die Drückte schwer auf Bree’s Gemüt.

Ihr rotes Haar war ungekämmt, sie trug lediglich ein ausgeleiertes, mindestens zwei Nummern zu großes, türkises Shirt und einen einfachen schwarzen Slip, der sich in starkem Kontrast von ihrer blassen Haut abhob.

Ihre Augen waren stark gerötet und es war unverkennbar, dass sie geweint hatte.

Dass sie viel geweint hatte.

Ein Schauer durchfuhr ihren Körper und ließ sie erzittern, sodass sie sich noch enger zusammenkrümmte und es fast so schien, als würde ihr das überraschte Auftauchen von Rex nicht nur seelischen, sondern auch körperlichen Schmerz zufügen.

Ihr Mann hatte seit dem Zusammenstoß mit Lynette im Wohnzimmer kein einziges Wort mit ihr geredet und bereits nach wenigen Stunden stillschweigend das Haus verlassen. Bis jetzt war er noch nicht zurückgekehrt und Bree wusste nicht, was ihr mehr Sorge bereitete – dass sie nicht wusste, wo Rex sich befand oder aber, dass er in diesem Zustand aus dem Haus gegangen war.

Etwas riss sie aus ihren Gedanken.

Das Telefon.

Das laute Schrillen zerriss die Stille und mit leichter Erschrockenheit auf dem Gesicht saß Bree plötzlich senkrecht in ihrem Bett, schwang die Beine über dessen Rand und lief die Treppen hinunter.

Sie fühlte sich etwas schlaftrunken und ein vages Schwindelgefühl erfasste sie, doch es war nicht so schlimm, dass es sie zu Boden gestreckt hätte – sie konnte sich auf den Beinen halten und nahm schließlich den Hörer ab, als sie schon fast dachte, ihr Anrufer würde jeden Moment auflegen.

„Van de Kamp?“, meldete sie sich wie gewöhnlich mit ruhiger Stimme.

Stille.

In der Leitung knackte es, sie hörte ein paar Atemzüge, doch sonst war da nichts.

„Hallo?“, fragte sie zögernd und lauschte angestrengt, um ein Geräusch auszumachen.

„B-Bree? B-Bist du’s?“

Bree sog die Luft scharf durch die Zähne ein. Es war Lynette.

„Oh, du.“

Mehr fiel ihr gerade nicht ein, ihr Kopf schien nämlich wie leergefegt.

Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen.

Dann runzelte sie die Stirn und sie fragte sich, weshalb Lynette gestammelt hatte.

„Geht’s dir gut, Lynette?“

Wieder herrschte einen Moment vollkommene Stille, dann erklang ein seltsames Kichern, das so gar nicht zu Lynette passen wollte.

„N-na-türlich geht’s mir gut, Bree, was sollte sein?“

Ihre s-Laute klangen zunehmend seltsam, fand Bree und sie brauchte nicht lange nachzudenken, bis sie auf eine logische Schlussfolgerung kam.

„Lynette, du hast getrunken.“

„N-Na und wenn schon…“, lallte sie und Bree ballte ihre freie Hand zur Faust.

Sie zögerte nicht lange und hatte bereits einen Entschluss gefasst.

„Bleib einfach da, wo du bist, okay? Ich komme rüber.“

Ohne eine Antwort von der anderen Leitung abzuwarten, hängte sie den Hörer in die Gabel – und blickte unschlüssig an sich hinab.

Es war dunkel. Es würde niemand unterwegs sein. Und wenn sie ihren Mantel nahm, würde niemand bemerken, was sie unter ihm trug.

Beziehungsweise was sie nicht trug.

Als Lynette ihr einige Minuten später die Türe öffnete, stieg Bree sofort der beißende Alkoholgeruch in die Nase und sie rümpfte instinktiv die Nase, ehe sie eintrat.

Es war genau wie bei ihr Zuhause still, mit dem Unterschied, dass Lynette nicht alleine war.

Die Kinder schliefen und Tom war wohl auf Geschäftsreise, denn sonst würde seine Frau nicht mitten in der Nacht in ihrer Trunkenheit bei der Nachbarin anrufen.

Entschlossen stützte sie Lynette und sah ihrer Freundin dann besorgt in die Augen.

„Der Alkohol löst keine Probleme, Lynette.“

(und unsere Affäre erst recht nicht, denn zweifelsohne ist es eine Affäre, die wir gerade beginnen.)

„A-aber er ssschmeckt.“, kicherte sie und stützte ein paar Sekunden lang vor lauter Lachen den Kopf auf Bree’s Schulter.

Bree merkte vom ersten Augenblick an, dass sie dieses Lachen nicht leiden konnte und sie wünschte, Lynette würde es auf der Stelle unterlassen.

Erst jetzt galt ihr Blick Lynette’s Klamotten, die ziemlich schmutzig wirkten und Bree schüttelte energisch und mit einem resignierenden Seufzen den Kopf.

„So kannst du nicht herumlaufen, Mädchen. Lass uns ins Badezimmer gehen und dir ein wenig kaltes Wasser verpassen, vielleicht bist du dann eher bei Sinnen.“

Lynette erwiderte nichts, entweder, weil sie gar nicht registriert hatte, dass man zu ihr sprach oder aber, weil es ihr egal war und sie Bree’s Vorschlag stillschweigend zustimmte.

Sie hatte keinerlei Ahnung, wie sie es bewerkstelligen sollte, Lynette die Treppen nach oben zu bringen und beließ es vorerst dabei, ihrer Freundin unter den rechten Arm zu greifen und sie zu stützen.

„Denkst du… denkst du, du kannst gehen, Lynette?“

Sie sah, wie Lynette die Stirn runzelte und sie nun mit einer zunehmenden Verwirrung anblickte, die Bree normal belustigend gefunden hatte, doch die Ereignisse des vorhergehenden Tages waren zu ernst, als das man darüber hätte lächeln können.

„Ich… M-mir geht’s nich’ schlecht, Bree. Ich sch-schaff’s schon.“

Sie giggelte leise, doch Bree spürte, wie sich ihre Hände in ihre Schultern bohrten und Lynette sich krampfhaft an ihr festhielt, als sie die ersten paar Stufen nahmen.

Nach und nach kletterten sie die Treppe nach oben, nach jedem zweiten Schritt pausierend und es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis sie oben ankamen. Doch letztlich hatten sie es geschafft.

In den Kinderzimmern war es ruhig und Bree atmete innerlich auf, dass Lynette’s Kinder ihre Mutter nicht in diesem Zustand zu Gesicht bekamen.

Langsam bahnten sich die beiden Frauen einen Weg zum Badezimmer, Bree schloss die Türe hinter ihnen und atmete erst einmal erleichtert auf.

Das wäre also nun geschafft.

Sie sah sich kurz um, ihr Blick blieb an der Dusche hängen und glitt schließlich wieder zu Lynette.

„Honey, ich denke, du solltest zumindest deine Hose ausziehen. Willst du das Shirt anlassen?“

Lynette nickte kaum merklich, entledigte sich dann der genannten Kleidungsstücke und tapste etwas benommen in Richtung Dusche.

Sie blieb stehen, doch wagte es scheinbar nicht, sich umzudrehen.

„Würdest du mir b-behiflich sein?“

Noch immer hatte ihr s-Laut einen seltsam lallenden Unterton.

Schweigend folgte Bree Lynette, zog den Duschvorhang bei Seite und machte Lynette mit einer Geste klar, in die Dusche zu steigen.

Danach griff sie nach der Brause, mühte sich, das Wasser auf eine lauwarme Temperatur zu bekommen und spritzte Lynette fast schon ausgelassen einige Tropfen ins Gesicht, die daraufhin leise kicherte – und gleichzeitig ins Taumeln geriet.

Erschrocken machte Bree einige Schritte in die Richtung ihrer Freundin, schob ihren Arm reflexartig unter den Lynette’s und konnte sie somit gerade noch vor einem ziemlich unangenehm Sturz bewahren.

Um dasselbe Unglück zu vermeiden, blieben sie beide in dieser Haltung und während Bree Lynette mit ein wenig Wasser abduschte, um sie aus ihrer Trunkenheit zumindest ein wenig zurückzuholen, schwiegen sie sich die nächsten Minuten an.

„Ich denke, es ist okay so, oder?“, sie sah Lynette fragend an.

„Mh-hm.“

Bree nahm Lynette vorsichtig an der Hand, zog sie hinter sich aus der Dusche heraus und griff dann nach dem reinen weißen Handtuch, um ihre Freundin das Wasser abzutrocknen.

Sie ging in die Knie und rieb das Handtuch sanft an Lynette’s Beinen, gerade leicht genug, um die Betrunkene nicht zu Fall zu bringen.

Selbst das Badezimmer war mittlerweile von dem beißenden Alkoholgeruch nicht verschont worden und Bree gab sich alle Mühe, diesen Duft nicht allzu sehr in ihre Nase steigen zu lassen, gerade so, dass sie noch atmen konnte.

Sie richtete sich wieder auf und bemerkte, dass auch ihr T-Shirt vollkommen durchnässt war und zögerte einen kurzen Augenblick, ehe sie sich an Lynette wandte.

„Warte einen Augenblick, Süße. Aber so kann ich nicht bleiben.“

Sie deutet auf ihr T-Shirt und Lynette nickte – hielt sie jedoch sogleich am Arm fest.

Überrascht zog Bree eine Augenbraue hoch und sah Lynette fragend an.

Sie fing ihren Blick auf und plötzlich hatte sie das Gefühl, dass da ein Teil in Lynette war, der bei vollem Bewusstsein war und genau wusste, was er hat.

Lynette verstärkte den Griff um Bree’s Unterarm, zog ihre Freundin zu sich her und Bree kniete sich instinktiv hin, um auf der gleichen Höhe wie Lynette zu sein, die sich auf dem Rand der Badewanne niedergelassen hatte.

Schweigend wartete sie, bis Lynette ihr sagte, was los sei, doch die ersten Sekunden geschah so gut wie nichts.

Aus den Augenwinkeln nahm Bree jetzt wahr, wie Lynette ihren Arm langsam hob und Bree eine der flammend roten Haarsträhnen mit einer zärtlichen Geste aus dem Gesicht strich.

Ein Lächeln huschte über das Gesicht ihrer blondhaarigen Freundin und es wirkte so ehrlich, so unschuldig, dass Bree nicht umhin kam, es zu erwidern.

In diesem Moment wurde ihr allerdings klar, dass Lynette’s Hand noch immer auf ihrer Wange verharrte, nun liebevoll über ihre geschlossenen Lippen strich und vorsichtig an ihrem T-Shirt zupfte.

Bree war unsicher.

„Lynette, ich weiß wirklich nicht, ob…“

(das eine gute Idee ist.)

Sie verstummte, als sie Lynette’s Hand über ihre Brust streicheln spürte und es war, als würde mit dieser Berührung jegliches Bedenken so sehr in den Hintergrund rücken, als wäre es nie da gewesen.

Langsam erhob sie sich aus ihrer Starre und rutschte dann auf Lynette’s Schoß, gerade so, dass beide nicht das Übergewicht bekamen und rückwärts in die Wanne flogen.

Lynette fuhr nun die Konturen ihres Oberkörpers nach, tastete sich einen Weg unter ihr Shirt und Bree half ihr dabei, es sich auszuziehen und es achtlos auf den Boden fallen zu lassen.

Sie hatte ein Bein links von Lynette, das rechte auf der anderen Seite und so sitzend beugte sie sich vor, mit ihren Lippen Lynette’s Mund suchend.

Die Art, wie Lynette’s Zunge ihre Lippen auseinander schob und die Berührung ihrer beiden Zungen ließen Bree fast ins Schwitzen kommen, so sehr genoss sie diese Berührung.

„Lynette, ich… liebe dich.“, wisperte sie kaum hörbar durch ihren Kuss hindurch, zog Lynette dann mit sich und zusammen ließen sie sich auf den Badezimmerteppich sinken, eng umschlungen und ihre Körper aneinandergeschmiegt.

Lynette’s Bein legte sich über ihres und so ineinander verknotet lagen sie einfach nur da, Bree’s Kopf an Lynette’s Brust und deren Hand sanft über ihren Rücken streichelnd.

„Ich liebe dich auch, Honey. Ich liebe dich auch…“

Nein, sie wusste nicht, wie das alles enden sollte.

Wie Andrew und Danielle reagieren würden.

Und vor allem, was Tom sagen würde.

Doch gegen ihren Willen, der einfach zu schwach war und schon allein durch Lynette’s Anwesenheit gebrochen wurde, fühlte sie, dass all das hier richtig war.

So verdammt richtig, dass er ihr das Herz entzwei brechen würde, wenn sie sich trennen müssten.

Sie liebte diese Frau.

Bei Gott, sie liebte sie so sehr, wie sie es bei kaum einem Menschen tat.

Sie wollte nicht mehr ohne sie sein. Sie wollte ein gemeinsames Leben. Sie wollte ihren Körper. Sie wollte ihre Küsse. Sie wollte ihre Berührungen. Sie wollte ihr Lachen. Sie wollte ihre Zuneigung.

Sie wollte Lynette.


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